“I walk tha corner to tha rubble that used to be a library
Line up to tha mind cemetary now
What we don’t know keeps tha contracts alive an movin’
They don’t gotta burn tha books they just remove ‘em! Come with it now!”
- Rage Against The Machine
Liebe Leserinnen und Leser,
nur für diesen kleinen Beitrag habe ich mich als embedded journalist direkt in das Auge des Streikwirbelsturmes an der bald nicht mehr Freien Universität Berlin gewagt. Da saßen sie, die Guerilleros der Vereinigten Revolutionären Streitkräfte aller Fachbereiche (VRSAF) und besprachen die nächsten Angriffe auf das Zentrum des militärisch-industriellen, heteropatriarchalen, warenförmig strukturierten, subjektfabrikatorischen Campus-Management-Empires. Nur drei Meter bis zur zweiten Base: dem Infotisch. Meine Hand berührt schon die Flugblätter, da höre ich die halb freundliche, halb unfreundliche Stimme eines mir leider allzu bekannten Kommillitonen:
“Na so eine Überraschung, was macht Uncle Sam denn hier?”
Ich ziehe meinen imaginären Zylinder und schnappe mir die benötigten Dokumente.
“Oh, Uncle Sam ist sofort wieder weg. Die Massenvernichtungswaffen müssen im Keller sein.”
Es hat sich gelohnt. Die brothers and sisters vom Streikschrei sind nämlich so vorbildlich selbstkritisch wie ein guter Kommunist es immer sein sollte:
Das Autorenkollektiv ist noch konkreter, noch theoretischer, noch polemischer und noch unverständlicher geworden.
Um die Existenz dieses ominösen Blattes zu rechtfertigen: Wir essen nur Extrawurst mit Trüffeln.
Es ist ja schließlich egal, ob das Proletariat aller Länder unseren postmodernen Neomarxismus versteht. Hauptsache ist doch, es bezahlt die Extrawurst mit Trüffeln noch im fünfzehnten Semester. Nur auf diese Weise können wir das fragile Refugium des letzten noch denkbaren Widerstandes reproduzieren und uns dem totalen Zugriff der Arbeitsgesellschaft auch mit 35 noch entziehen.
Wie es kein richtiges Leben im Falschen geben kann, so erweist sich damit auch ein falsches Bewusstsein gegenüber einer umgekehrten, sich als ‘richtig’ reproduzierenden Faktizität - auch bekannt als ‘Sachzwang’ - nur noch als ein zaghaft an alternativen Oasen genährtes Blümchen in einer hegemonialen Zerissenheit. Was heißt das für den Raum Universität und für uns als Studierende?
Und was bedeutet es für den expandierenden Kosmos, für die bedrohten Tierarten und die weitere Entwicklung der dialektischen Philosophie? Und was bedeutet es für die hegemoniale Zerissenheit der Solidarität von Hand- und Kopfarbeit?
Und, ach ja, was bedeutet es überhaupt?
Die Vision einer linken Kaderschmiede, zerbricht an der strukturellen Logik einer auf Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft abzielenden (Re-) Produktionsweise spätestens bei der post-universitären Jobsuche. Dennoch ist offensichtlich, dass es immer wieder Nischen gibt, in denen kritisches Arbeiten jenseits von Verwertungslogik und Herrschafts-affirmation möglich ist - auch wenn die Reglementierungen durch Campus-Management für klaustrophobische Zustände in den bleibenden Freiräumen sorgen.
S…O…S…
S…O…S…
Es wird immer leiser, immer langsamer, es entfernt sich. Bald wird es auf dem Festland nicht mehr zu hören sein. Wir brauchen Rettungshubschrauber und Sauerstoffmasken. Wir brauchen Schaumstoffbaseballschläger und gewaltfreie Elektroschocktherapien. Wir brauchen Autonomiegebiete und Streichelzoos. Wir brauchen alles für alle und zwar sofort!
Wir rufen Amnesty International dazu auf, diesem Krisengebiet endlich die nötige Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Wir werden noch heute ein Telefongespräch mit Kofi Annan erzwingen.
Genossinnen und Genossen, Freundinnen und Freunde der klassenlosen Gesellschaft: Diese besonders tückischen, kaum nachprüfbaren Formen der psychischen Wasserfolter müssen international geächtet und vom Internationalen Strafgerichtshof geahndet werden.
Wir müssen handeln, bevor es zu spät ist und…
…die Bedingungen für sozialen Widerstand durch zunehmende Maßregelungen eingeschnürt werden. Manchmal sind konkrete Kämpfe die radikalste Vorgehensweise. Und umso ausgeklügelter dabei das strategische Denken sich gestaltet, umso mehr machen wir Feuer unter Lenzens neoliberalen Arsch.